Gemälderestauratoren bearbeiten außergewöhnliches Zeugnis Bremervörder Geschichte
400 Jahre alte bemalte Holzbohlendecke verlässt den Alten Eingang im Bachmann-Museum
Der Diplomrestaurator Gerold Ahrends baute in diesem Herbst im Bachmann-Museum eine bemalte Holzbohlendecke aus, bearbeitete sie behutsam und lagerte die einzelnen Bohlen sicher in einer Spezialkiste ein. Mit dem Deckengemälde verlässt das letzte und größte Objekt den Kanzleiflügel des Museums. Dieses bisher aufwändigste Restaurierungsprojekt des Museums ist ein weiterer Schritt für die Sanierung des über 400 Jahre alten ehemaligen Schlossgebäudes.
Auf Initiative des ehrenamtlichen Denkmalpflegers und Sammlungsgründers August Bachmann ist das aus neun über 4,60 Meter langen Bohlen bestehende Deckengemälde 1951 vor dem Abbruch eines Hauses in der Alten Straße in Bremervörde ausgebaut worden. Die Bohlen lagerten zunächst im Bremervörder Rathaus, dann auf dem Dachboden des heutigen Bachmann-Museums, bevor sie 1971, an der Raumdecke des Alten Eingangs fest eingebaut wurden. Zwei Restauratoren ergänzten Teile der Bildmedaillons und nahmen Übermalungen vor. Besucher des Bachmann-Museums nahmen das Kunstwerk in den letzten Jahrzehnten allerdings kaum wahr, da es sich in 3,6 Meter Höhe in einem Durchgangsraum befand.
Die Malerei zeigt in zwei von Blätterranken umgebenen Medaillons christliche Motive: Abrahams Opferung seines Sohnes Isaak sowie Jakobs Traum von der Himmelsleiter. Nach ersten Einschätzungen des Restaurators Gerold Ahrends könnte die Malerei um 1620 entstanden sein. Damit zählt es zu den wenigen Gebäudeteilen, die die Zerstörungen des 30jährigen Krieges (1618-1648) und der folgenden Belagerungen in Bremervörde überstanden haben.
Der Spezialist für Gemälde und gefasste Holzobjekte hat sich lange im Vorfeld seiner Arbeit im Museum intensiv mit dem Gemälde beschäftigt. „Dabei haben wir festgestellt, dass die Bohlen aus Kiefernholz bestehen und die Malerei mit Leimfarben auf einem Kreidegrund ausgeführt wurde.“ so der Experte. „Bei ihrem Wiedereinbau vor fast 50 Jahren sind die Bohlen fest an die Deckenbalken des Raumes genagelt und die Nägel tief in das Holz versenkt worden.“
Der Ausbau der empfindlichen Hölzer erforderte ein behutsames Vorgehen, bei dem er mit seiner Kollegin Henriette Brüning auf einem Gerüst stehend jeden Nagel einzeln hinter der Bohle löste. Im ersten Reinigungsschritt saugten die Fachleute anschließend lose aufliegenden Schmutz und Schimmel von der Gemäldeoberfläche. Die eingesetzten Sauger sind sehr genau in ihrer Leistung regulierbar um lockere Farbschichten nicht zu beschädigen und mit besonderen Filtern ausgestattet um auch feinste Stäube und Schimmelsporen zu filtern. Mit weichen, trockenen Schwämmen und feinen Ziegenhaarpinseln beseitigten sie in einem zweiten Schritt fester anhaftende Verunreinigungen. „Die Malerei ist noch nie vollständig gereinigt worden. Auf Staub, Schmutzablagerungen und den Farben der alten Retuschierung hat sich durch das in den letzten Jahren zu feuchte Raumklima an einigen Stellen Schimmel entwickelt, den wir nun ebenfalls entfernt haben.“ so Ahrends.
In aufwändiger Kleinarbeit konnten danach Zentimeter für Zentimeter auf der über 11 qm Gemäldefläche mit Tupfern und unsichtbar auftrocknenden Leimen die durch die Nageleinschläge und das arbeitende Holz gelösten Malschichten wieder angedrückt und gefestigt werden. Der Restaurator fotografierte alle Arbeitsschritte und dokumentierte die eingesetzten Materialien genau. Diese Informationen sind wichtige Grundlagen für alle weiteren Forschungen und Arbeiten mit dem Gemälde.
Gerold Ahrends hat als erster Fachmann seit 50 Jahren die Holzbohlen währenddessen genau untersucht „Wir können alte Befestigungsspuren an den Bohlen erkennen, die darauf hindeuten, dass der Boden über dem Deckengemälde nicht als Lagerraum für schwere Güter gedient hat und sehr wenig begangen worden ist, wie es zum Beispiel bei Kirchenböden der Fall ist. Auch die Auswahl der Motive deutet auf einen kirchlichen Zusammenhang. Das Deckengemälde könnte vor seiner Nutzung in dem Gebäude in der Alten Straße also ursprünglich Teil einer Kirchenausstattung gewesen sein.“
Die Museumsleiterin Ellen Horstrup M.A. freut sich über den Einsatz des Spezialisten: „Ich bin erleichtert, dass die empfindlichen Malereien nun gesichert sind und hoffe, dass wir dieses außergewöhnliche Objekt zur Stadtgeschichte nach der Sanierung in der neuen Dauerausstellung zeigen können.“
Die Teile der Holzbohlendecke lagern bis dahin einzeln gepolstert in einer vom Restaurator speziell hergestellten großen Kiste, in der die Luftfeuchtigkeit genau geregelt wird. Der Landkreis Rotenburg (Wümme) übernahm als Gebäudeeigentümer die Kosten für die Arbeit der Restauratoren. Mit dem Ausbau dieses größten Objekts aus dem Kanzleiflügel des Museums ist ein wichtiger Schritt zur Herstellung der Baufreiheit im Vorfeld der Sanierung bewältigt.